Hofchronik

Der Bergerhof ist ein biologisch geführter Bauernhof im Kalser Ortsteil Burg.

Mit dem Bau des Wirtschaftsgebäudes wurde 1958 begonnen, schon damals waren Gästezimmer vorgesehen. Das auf 1350 m Seehöhe gelegene Anwesen bietet einen Blick talauswärts. Immer wieder wurden kleinere und größere Erweiterungen, Umbauten und Verbesserungen am Haus durchgeführt, bevor 2015 eine Rundumsanierung des gesamten Gebäudes in Angriff genommen wurde. Seitdem bietet der Bergerhof nicht nur Platz für die Familie selbst, sondern auch für 22 Gäste.

Schon früh zeichnete sich die Familie Gratz nicht nur in den eigenen vier Wänden mit Fleißigkeit aus: Im Jahr 1911 wurde Johann Gratz (der Großvater des heutigen Seniorbauern Hans) zum Ortsvorsteher (=Bürgermeister) von Kals gewählt. Nach Ablauf dieser sehr aufwändigen Tätigkeit im Jahr 1916 ging er 1919 sogar noch einen Schritt weiter, als er auf Platz 10 der Tiroler Volkspartei für die Wahl zum Tiroler Landtag kandidierte. So kam es, dass zu dieser Zeit ein Kalser im Tiroler Landtag vertreten war.

Doch damit nicht genug: Johann Gratz leistete in einem weiteren Bereich Pionierarbeit: der Stromversorgung. Kals verfügte ab dem 2. Februar 1907 über ein eigenes Elektrizitätskraftwerk und der damalige Berger-Bauer war dessen Betriebsleiter. Zur damaligen Zeit war das eine sensationelle technische Neuerung, das Werk war das erste in ganz Osttirol. Unter diesen Vordenkern war damals übrigens auch ein Vorfahre der heutigen Seniorbäuerin Bernadette.

Im Privatleben kämpfte der rührige Bauer jedoch mit ganz anderen Problemen: Seine erste Frau starb früh und Heim und Hof standen ohne Bäuerin da. Nach einer erneuten Heirat ging es wieder Bergauf und insgesamt wuchsen am Hof 10 Kinder auf.

Die Wirren des 2. Weltkriegs machten auch vor den Toren des Kalser Tales nicht Halt. Viele junge Männer zogen in den Krieg, darunter auch Johann, Sohn des Altbauern und vorgeseh ener Hofübernehmer. Während des Krieges bekam er Urlaub, um seine Marianne (ursprünglich aus Oberlienz) zu heiraten. Sie blieb in Abwesenheit ihres frisch angetrauten Mannes am Hof und die heutige Altbäurin Bernadette kann sich noch erinnern, dass Marianne oft erzählt hat, wie fein ihr Schwiegervater trotz allen Widrigkeiten mir ihr war. Nachdem ihr Mann Johann aus der Gefangenschaft endlich wieder heimgekehrt war, wurden alle Kräfte gebündelt um Heim, Hof und Familie bestmöglich zu versorgen.

Zur damaligen Zeit war die Familie Gratz noch nicht in Burg daheim, sie besaßen einen Hof im Ortsteil Großdorf. Im Zuge der Grundzusammenlegung in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts kam das Gossa-Haus (Burg Nr. 1, direkt nebenan) in Familienbesitz. Dort wurde zuerst eine Werkstatt eingerichtet, um den geplanten Bau einer neuen Hofstelle in Burg zu erleichtern. Nachdem die Wirtschaftsgebäude in Großdorf verkauft waren und sämtliche Vorbereitungen getroffen wurden, konnte 1958 mit dem Bau des heutigen Bergerhofs auf 1350m Seehöhe begonnen werden. Sämtliche Holzarbeiten und Möbel wurden damals von Vater und Sohn in Eigenarbeit hergestellt!

Johann und Marianne hatten drei Söhne: Alois, Anton und (der Einfachheit halber) Johann. Als es auch in dieser Generation zur Hofübergabe kommen sollte, wurde folgende Vereinbarung getroffen: Alois, der Älteste, bekam den hinteren Teil des Gossa-Hauses (Burg 1, nebenan), wo er bis heute mit seiner Frau Gertraud wohnt. Anton erhielt die Berger Alm im Kalser Dorfertal, die damals zwar bereits fertig gebaut war, jedoch noch nicht als Jausenstation bewirtschaftet war und einen Bauplatz in Großdorf (Tirolerhof). Johann übernahm die Landwirtschaft im Jahr 19 77.

1987 heiratete Johann seine Frau Bernadette (geb. Tembler) und sie entschieden sich, den Betrieb an die gesteigerten Bedürfnisse der Gäste anzupassen. So wurde das Haus das erste Mal renoviert, die Gästezimmer wurden mit Dusche und WC ausgestattet, die Balkone, die Küche und der Frühstücksraum erneuert, die Heizung und das Dach saniert und neue Türen und Fenster eingebaut.

Neben der Gästevermietung wollten die beiden aber auch die Landwirtschaft aktiv weiter betreiben:
Zur Landwirtschaft gehören noch heute 6ha Wiesen und 23 ha Wald. Im Sommer sind die Kühe im Dorfertal, eine weitere kleine Alm im Familienbesitz befindet sich in der Nähe des Pahlberges. Dort verbringt das Jungvieh den Sommer. Der Stall wurde bereits mehrere Male umgebaut und ist heute mit Rohrmelkanlage, Schwemmentmistung und 9 Milchkuhständen ausgestattet.

Bernadette und Johann hatten neben dem Bergerhof noch jede Menge ehrenamtliche Tätigkeiten. So zum Beispiel investierte Hansl sehr viel seiner Zeit und Energie in die 21 jährige Tätigkeit als Obmann der Agrargemeinschaft Dorferalm. Eine besondere Herausforderung war die Diskussion des Kraftwerksbaus im Dorfertal. 93% der Mitglieder waren gegen die Aufstauung des Dorfertals. Trotz all der Schwierigkeiten bewahrte Hansl den Weitblick und startete nebenbei den Bau des Gemeinschaftsstalles im Dorfertal. 1988 konnte das Projekt um den Kraftwerksbau erfolgreich abgewandt werden und man konnte mit voller Kraft den Bau des Gemeinschaftstalles fortsetzen.

Ein weiteres großes Anliegen von Hansl war und ist die Bergrettung. Er war 15 Jahre lang Obmann, über 15 Jahre Einsatzleiter und in Summe über 30 Jahre an der Spitze der Bergrettung in Kals tätig. 1983 wurde er mit der Lebensrettermedaille ausgezeichnet.
In der Zeit als Obmann wurden die Bergrettungseinsätze von der Bergerhof Küche aus koordiniert, da die Gemeinde keine passenden Räumlichkeiten zur Verfügung stellen konnte. In Summe waren es 183 Einsätze bei denen die Küche als Einsatzzentrale diente. Seine Frau Bernadette unterstütze ihn tatkräftig und hielt beim Funk in der Küche die Stellung.

Obwohl Bernadette zu Hause alle Hände voll zu tun hatte, fand Sie die Zeit 18 Jahre lang an der Spitze der Kalser Ortsbäuerinnen tätig zu sein. Das Singen ist Bernadettes ganze Leidenschaft. So war es nicht verwunderlich, dass Sie ein Gründungsmitglied der Kalser Stubenfliegen war. Die Stubenfliegen sind weit über die Grenzen von Osttirol bekannt und haben sogar eine eigene CD aufgenommen.

Nach vielen Jahren harter Arbeit zögerte das Ehepaar Gratz die Hofübergabe nicht unnötig lange hinaus und im Februar 2011 pachtete der Jungbauer Michael den Hof, bevor er 2014 endgültig auf ihn übergegangen ist.

Michael´s Bruder, Alexander und dessen Frau Petra haben sich in Lana ein Eigenheim errichtet. Lex ist beruflich mit einem LKW mit Kran in Osttirol unterwegs und normalerweise trifft man Petra am Gemeindeamt in Kals oder am Standesamt an. Zurzeit genießt sie die Babypause. Die Freude über den Familienzuwachs ist riesengroß, vor allem die großen Cousins, Isidor und Andreas, sind sehr stolz auf ihren kleinen Cousin namens Rupert. 

Der jüngere Bruder von Michael und Alexander, Hannes verstarb im Oktober 2011 bei einem Unfall: er stürzte vom Balkon des 3. Stocks. Die Inschrift auf der Vorderseite der Hausstiege ist ihm gewidmet. Auch wenn wir nicht gerne darüber sprechen, erinnern wir uns gerne an diesen lebensfrohen, lustigen jungen Mann, der immer einen Platz am Bergerhof und in unseren Herzen haben wird.

Michael und Monika haben sich nicht nur entschieden, den Bergerhof zu übernehmen und weiterzuführen, sondern auch den Puls der Zeit gespürt und umfangreiche Um- und Ausbauten des Gästebereichs vorgenommen. Von März bis Mitte De zember 2015 wurde auf Hochtouren gearbeitet und nun präsentiert sich der Hof ganz neu: 5 Zimmer mit Dusche und WC, SAT-TV und Balkon, 1 Ferienwohnung für 2- 6 Personen, Frühstücksraum mit Kochgelegenheit und direkten Zugang zur Terrasse, Wellnessbereich mit Infrarotkabine und Ruheraum, Schi- und Trockenraum, Aufzug und einen Kinderspielplatz vorm Haus.

Im Oktober 2018 begann für die jungen Hofübernehmer ein neuer Lebensabschnitt: Das erste Kind Isidor wurde geboren. Im August 2020 hat Isidor mit seinen kleinen Bruder Andreas Verstärkung bekommen. Wer weiß, was am Bergerhof auf die "jungen Männer" der Familie Gratz wartet!